Dorfgespräch: Alte Höfe und Gewerbe

Zu der aktuellen Veranstaltung in der Reihe der „Emmertinger Dorfgespräche“ konnte CSU-Ortsvorsitzende und 3. Bürgermeisterin Gisela Kriegl neben den zahlreichen Besucherinnen und Besuchern auch ihre Bürgermeisterkollegen, 1.Bgm. Stefan Kammergruber und 2. Bgm. Siegfried Ribesmeier begrüßen.

Die erste Station dazu war am Samstagnachmittag der Angererhof in Unteremmerting. Zwischen Angerer und Mitterlehner hatte bis Ende des 19. Jahrhunderts  der Aigner seine Hofstelle. Unter der Bezeichnung „Am Aigen“ ist das kleine Anwesen bereits 1332 erstmals erwähnt worden. Dabei könnte es sich, dem Namen nach, anfangs um Eigenbesitz gehandelt haben, so Ortsheimatpfleger Fritz Schuder, der durch den Nachmittag führte. Spätestens seit 1400 unterstand jedenfalls auch der Aigner von Emmerting einem Grundherrn, nämlich dem Stephan Rätlkofer, der seinerseits das Gut vom Herzog zu Lehen hatte. Eine Änderung ergab sich wenige Jahrzehnte danach. Wohl aufgrund eines engen Verwandtschaftsverhältnisses, das sich aber nicht näher aufklären lässt, scheint die angehende Klosterfrau Cordula Pinzingerin für ihren Eintritt in das Zisterzienserinnenkloster Seligenthal bei Landshut mit dem Aignergütl ausgestattet gewesen zu sein, das auf diese Weise seinen Obereigentümer wechselte. Das jährliche Stiftgeld war am Donnerstag nach Michaeli, also am 29. September, nach Seligenthal einzuzahlen. Von Naturalleistungen, die bei der weiten Entfernung eine allzu große Last bedeutet hätten, kann wohl nicht ausgegangen werden. Somit bedeuteten die Geldleistungen eine große Belastung. Auch mussten alle Verbriefungen, etwa bei Hofübergaben, in Seligenthal vorgenommen und die dabei fälligen Besitzveränderungsgebühren dort entrichtet werden. Vergeben wurde das Aignergütl auf Erbrecht. 1871 wurden die Grundstücke des Aignerhofs  an  Unteremmertinger Bauern verkauft, der Mitterlehnerbauer, Joseph Schlagmann, erwarbt den Rest des Anwesen, 1887 wurden die Wohngebäude abgerissen. Danach, bei der wegen des einsetzenden Regens gehaltenen  Einkehr im Reiterstüberl des Mitterlehnerhofes ,  gab es viele Wortmeldungen und Zeitzeugenberichte zum früheren Standort des ehemaligen  Kraftwerks in Unteremmerting, dessen Wehrmauern man  heute noch besichtigen kann. Auf dem Grund des Leidmannhofes in der Au befand sich etwa von den 20er Jahren bis in die 40er Jahre des vorigen Jahrhunderts ein kleines Wasserkraftwerk, das die wenigen Bauernhöfe von Emmerting mit Strom versorgte. Das Kraftwerk lag nordöstlich des Anwesens Kendlinger in der Au. Es handelte sich um ein kleines Wasserkraftwerk, das über einen künstlich angelegten Kanal vom Brunnbach her  gespeist wurde. Das Werk wurde von einer Gemeinschaft von Unteremmertinger Bauern, insbesondere der Höfe Leidmann, Angerer, Mitterlehner und Angerstoller betrieben, aber auch der Bergmannhof gehörte zu dieser Gemeinschaft. Der Bach wurde hierzu aufgestaut und trieb eine Turbine an, die in einem kleinen Häuschen montiert war. Neben dem Anschluss von Glühlampen wurde der Gleich-Strom vor allem für den Betrieb von landwirtschaftlichen Maschinen benötigt, für die allerdings der Strom bisweilen nicht ausreichte. Der Betrieb der Maschinen musste deshalb abgesprochen werden, notfalls musste vor dem Beginn der Arbeiten ein Knecht zum Kraftwerk reiten und den Bach höher aufstauen, um mehr Strom erzeugen zu können. In späteren Jahren ging die Stromerzeugung  immer mehr zurück, da wegen der Eintiefung der Alz der Brunnbach immer weniger Wasser führte. Schließlich wurde ein von einem Dieselmotor angetriebener Generator angeschafft und in einem heute noch bestehenden kleinen Gebäude zwischen Mitterlehner und Angerer aufgestellt. Erst nach dem Zweiten Weltkrieg wurde Emmerting an das allgemeine Stromnetz angeschlossen. Das Kraftwerk am Bach wurde demontiert. Im Gelände noch heute sichtbar sind Reste der Staumauer und ein Teil des Zulaufkanals zum Kraftwerk. Der nächste Ortstermin führte dann zur früheren „Limonadenfabrik“ und Bierdepot Niederhammer in der Seng. Fanny Niederhammer erzählte von der Wandlung der kleinen Landwirtschaft hin zur Kracherl-Produktion ab 1950. Neben Wasser, Kohlensäure und Zucker wurde der jeweilige Grundstoff für Zitrone und Orange, aber auch Waldmeister, Himbeere, Erdbeere und Bergamotte „angesetzt“. Bis zu 600 Flaschen wurden von 3 Arbeiterinnen in der Stunde abgefüllt. 1975 wurde die Produktion dann eingestellt. Die „Bügelflaschen“ hatten ausgedient und eine Abfüllanlage für Kronenkorken war nicht rentabel. Noch bis 1980 fuhr Ludwig Niederhammer im Heimdienst täglich Getränke und Arco-Bräu-Biere von Halsbach bis Alzgern und von Altötting bis Burghausen zu den zahlreichen Kunden aus.  Danach wurden noch die Biere ab Depot verkauft. Fanny Niederhammer erinnerte sich dabei an nächtliche Anrufe, bei denen dringend „Nachschub“ benötigt wurde. 1983 wurde das Geschäft ganz aufgegeben. Ludwig Niederhammer war auch für seine Sittich-Zucht bekannt, die 2008  aufgegeben wurde  Bis zu hundert Exemplare an Wellen- Nymphen-, und verschiedenen Edelsittichen fanden in den Käfigen im Innenhof Platz. Der dritte Besuch führte  dann zur früheren Mühle mit einer Landwirtschaft zu dem Anwesen von Alois und Emmi Ramerth. Ein altes Bauerndorf wie  Emmerting war nicht vorstellbar ohne einer eigenen Mühle, und diese wiederum setzte einen Bach mit regelmäßiger Wasserführung voraus, wenn das Mahlwerk in Gang gehalten werden sollte, so Fritz Schuder. Da die unbeständige Alz für einen solchen Zweck nicht in Betracht kam, hielt man sich an günstige Abzweigungen, die über teilweise künstlich angelegte Gräben weitergeleitet wurden. So geschah es unmittelbar gegenüber am rechten Flussufer bei der Hintermehringer Mühle, und nicht anders verfuhr man auf der Emmertinger Seite. Die Stelle, von der der Emmertinger Mühlbach das Wasser aus der Alz aufnahm, lag in den Auwiesen bei Bruck. Das weitere Bachbett des Mühlbachs verlief entlang der heutigen Mühlbachstraße. Nachweisbar ist die Emmertinger Mühle seit 1435. Eine Mühle zu betreiben, gehörte zu den sogenannten Ehaftrechten eines ländlichen Gemeinwesens, weshalb die Müller in aller Regel dem Landesherrn unterstanden. 1879 kauft die Familie Asböck den Hof mit der Mühle. 1901 brannte das Gebäude teilweise ab und wurde wieder aufgebaut. Nach dem Bau des Alzkanals  fiel der Mühlbach trocken und wurde zugeschüttet. Als Ersatz bekam die Mühle  Strom von den Alzwerken geliefert. An Stelle der früheren Mühle steht heute das Betriebsgebäude der Fa. Kühnel. Bei der anschließenden Einkehr auf dem Ramerth-Hof mit Brotzeit wurden dann noch zahlreiche Fotos und Geschichten ausgetauscht. Ortsheimatpfleger Fritz Schuder sorgte dabei mit seinen profunden Kenntnissen der Emmertinger Geschichte bei seinen Erklärungen für einen informellen und kurzweiligen Nachmittag. Bernhard Maier und Thomas Estermeier hatten sich um die Bewirtung der Besucherinnen und Besucher gekümmert. CSU-Ortsvorsitzende Gisela Kriegl gefiel der rege Zuspruch den der Nachmittag trotz des Regenwetters hervorgerufen hatte.  mf

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Dieser Beitrag wurde am Montag, 23. Oktober 2017 unter CSU Emmerting, Emmertinger Dorfgespräche gepostet. Sie können den Antworten des Beitrags unter RSS 2.0 folgen. Sie können zum Ende springen und eine Antwort hinterlassen. Pinging ist zur Zeit nicht erlaubt.